Phosphorus
Just start. Everything is wired anyway. A trigger starts the sound. Then a handful of controllers guides it into a framework, its boundaries defined by a bass drum and a hi-hat. Objects of sound appear in front of the blank background of the auditory space, some contrasting more than others. Depending on their traits and structure, they tend to arrange themselves into patterns, transforming in order to join units of higher order – gestalts. Bass lines snuggle up to the heavy drops, formed by the bass drum and pressing onto the ground. Percussive surf of white noisy scraps shoots up on the edges left and right, falling into the symmetrical grids of delays, reflections, wefts, perforations.
Pushed up from below, held down by the piercing hi-hat from above: anything that enters the gap in between is pressed forward. A hot willing mass meanders through rolling mills, pierced by the occasional snare drum which wants to take off ahead, but bounces back to the nearby bass drums. As if rubber bands connected these objects. Hitting the ceiling (threshold) the compressor sends the snare back down. Distorted edges mark the contours of a softer object being pressed against a harder surface, succumbing – some elastically, others brittle, splinter, coming out streaked with fine cracks.
Like a sorcerer’s apprentice one is watching how the forms take their fate into their own hands, simmering and seething. Objects that in isolation have no will, no purpose nor position, are set in motion in this surging force field. What ultimately seeks to come into being pulls its constituent parts towards their future location, moving as if under pressure. It transforms space according to the plan enscribed in its properties – a process known as self-organisation: What belongs together, what fits, includes or excludes each other. Vectors permeate the initial configuration and lead the way towards the entity that longs to come into being. Clonk? Over there please.
Every DJ is well familiar with the electric miracle of a mechanical setting that keeps going forever once set in motion. To match a second record in tempo with just 5.5 cm of a path per direction of the pitch controller is a challenge for beginners. With practice, the controller seems to resist at a certain point, wanting to stop where the beats interlock. With one or two corrections, the tempo holds up, often for minutes. Inexplicable.
The presumably much more complex studio situation quickly manifests itself as a similarly self-upholding sequence of circular processes: intertwining sympathetically, interpenetrating, following invisible pathways towards a hidden order. Equaliser curves, shuffles and phrasings, microtonal adaptations of scales, bending dynamic envelopes, crossmodulation: small gestures that make space, give advantage and offer their seats – ‘social’ lubricant for better cohabitation.
This account shows the possibility that the acting subject of techno doesn’t necessarily have to be the person that sets out to operate the machines. A techno equivalent to ‘writer’s block’ is thus improbable. Gear, sounds and their interrelationships resemble a seed that’s pressed into the warm humid soil of the tropics: soon and without further human ado, a tree grows tall, heavily laden with fruit. Parts tend to adjust, move and enter into formations following the rules of self-organisation inherent in their interactions. They catch fire just like phosphorus that is exposed to air. Just start.
Phosphor
Einfach beginnen. Verkabelt ist eh schon alles. Ein Trigger löst den Klang aus, eine Hand voll Regler leitet ihn in den Rahmen, von Bassdrum und Hi-Hat aufgespannt. Vor dem leeren Hintergrund des Hör- und Handlungsraums setzen sich Klangobjekte in Szene, die sich von ihm mehr oder weniger deutlich abheben. Je nach Beschaffenheit tendieren diese dazu, sich zu Mustern zusammenzufinden, sich so umzuwandeln, dass sie sich in übergeordnete Gestalten einpassen. Der Bass schmiegt sich in die Mulden zwischen den schweren Tropfen, als die sich die Bassdrum auf den Grund gedrückt hat. Eine Gischt perkussiver Fetzen weißen Rauschens schießt an den Rändern empor, fällt in die symmetrischen Gitter der Delays, Rückwürfe, Durchschüsse und Perforierungen.
Einerseits von unten hochgestossen und andererseits von oben mit der Hi-Hat gedeckelt wird alles, was in die Mitte fällt, nach vorne durchgedrückt – als eine Art williger Teig in Wellen durch dieses Walzwerk gerollt. Dazwischenfahrende Snares, die davonfliegen wollen, werden von unsichtbaren Gummibändern an die Bassdrums, davor und dahinter, zurückgezogen und zugleich vom Kompressor von der oberen Grenzfläche (Threshold) weggeschnippt. Verzerrungen zeigen, wie ein weicheres Objekt, das gegen ein festeres Material drückt, nachgibt – manche elastisch, andere brechend, splitternd, durchzogen von feinen Rissen, die sich entlang der Oberfläche ausbreiten.
Als Zauberlehrling schaut man zu, wie die Formen brodelnd ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Dinge, die für sich genommen nichts wollen, keinen Zweck oder Ort ihr Eigen nennen, geraten in diesem sich verselbständigenden Kräftefeld in Bewegung. Was sich als Ergebnis zusammenfügen will, zieht die einzelnen Bestandteile wie unter Druck an ihren künftigen Platz, bildet den Raum um nach einer eigenen Logik der Selbstorganisation. Was zusammengehört, was zueinander passt, was einander ein- oder ausschließt. Vektoren durchkreuzen die Ausgangskonfiguration und weisen den Weg zur Gesamtheit, die sich zusammenfügen will: Klonk? Dort drüben bitte.
Das elektrische Wunder, dass eine einmal in Gang gesetzte Mechanik ohne weiteres Zutun ihre Bewegung ohne Ermüdung fortführt und in Klang übersetzt, kennt jeder DJ aus der Nähe. Eine zweite Platte mit nur 5,5cm Regelweg pro Richtung des Pitchschiebers im Tempo exakt anzupassen, ist für Beginner eine Herausforderung. Einmal eingeübt, scheint der Regler von selbst an der richtigen Stelle stehen zu bleiben. Es wird höchstens zweimal nachgeregelt. Das Tempo hält, minutenlang. Eigentlich unerklärlich.
Die vermeintlich ungleich komplexere Studiosituation stellt sich schnell ebenfalls als eine Abfolge von sich nahezu von selbst fortschreibenden, zirkulären Abläufen dar, die sozusagen sympathetisch ineinandergreifen, sich gegenseitig durchdringen, einer aus dem Verborgenen wirkenden Ordnung folgend. Equaliser-Kurven, Shuffles und Phrasierungen, mikrotonale Einpassungen der Skalen, das Zurechtbiegen dynamischer Kennlinien, Kreuzmodulation: kleine Gesten, die Platz schaffen, höflich den Vortritt lassen und ihren Sitzplatz anbieten, ‚sozialer‘ Kitt für ein besseres Miteinander.
Die vorstehende Beschreibung zeigt die Möglichkeit, dass das Handlungssubjekt von Techno nicht unbedingt die Person sein muss, die ansetzt, Geräte zu bedienen. Ein Techno-Äquivalent zur Schreibblockade ist unwahrscheinlich, weil Geräte, Klänge und ihre Zusammenhänge sich zueinander verhalten wie die Folgen eines Samens, der in den warmen, feuchten Boden der Tropen gedrückt wird: schon bald schießt ein Baum in die Höhe, schwer behangen mit Früchten. Die Teile neigen dazu, sich nach den Regeln der ihrem Zusammenwirken eingeschriebenen Selbstorganisation auszurichten und zusammenzufügen. Sie entzünden sich aneinander wie Phosphor an der Luft. Einfach beginnen.